Venedig-Abkommen 2024: Globales Engagement für Moorschutz

Die zweite Versammlung des Venedig-Abkommens fand vom 1. bis 3. Juni 2024 in Torres Vedras, Portugal, statt. Diese internationale Veranstaltung brachte Wissenschaftler*innen, Kunst- und Kulturarbeiter*innen, Umweltaktivist*innen sowie Fachleute aus Ökologie, Naturschutz, Kultur und Geografie zusammen. Ziel war es, kreative, transdisziplinäre Methoden für den Schutz, die Wiederherstellung und die Würdigung von Mooren weltweit zu teilen und weiter zu entwickeln.

Auf der Grundlage von mehr als zwanzig lokalen Arbeitsgruppen, sogenannten Underground-Workshops, die in verschiedenen Mooren der Welt im Vorfeld des Treffens organisiert wurden, brachte die Zusammenkunft eine Vielzahl von Stimmen und Expertisen für die Weiterentwicklung des Venedig-Abkommens zusammen. Die Teilnehmer*innen tauschten sich über Entwicklungen und Herausforderungen aus, die sie in ihrer Arbeit mit konkreten Moorumwelten in den letzten Jahren erfahren hatten. In den gemeinsamen Diskussionen um effektive Strategien ging es unter anderem um die Stärkung von Selbstorganisierung, die Notwendigkeit der Ressourcenumverteilung und rechtliche Rahmenbedingungen ebenso wie um die Notwendigkeit lokale Sprachen und indigene Identitäten von Mooren zu reaktivieren. Wichtig war auch die Anerkennung der unterschiedlichen Expertisen und Bedarfe zwischen Moorgemeinschaften im globalen Süden und Norden. Im Süden bedürfen viele weitestgehend intakte, aber zugleich bedrohte Moore des unmittelbaren Schutzes. In Zentraleuropa sind über 90 Prozent der Moore zerstört oder geschädigt.

Inspiriert von einem Besuch der drei lokalen Küstenmoore Vigias da Arriba, Mexilhoeira und Seixo, die zu den wenigen verbliebenen Mooren in dem einzigartigen Ökosystem dieser Übergangsregion um Torre Vedras gehören und umso wichtiger zu bewahren sind, arbeitete die Gruppe an der Weiterentwicklung des Venedig-Abkommens, das am Abend des 2. Juni, zum Welttag der Moore der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Das internationale Treffen in Torres Vedras wurde begleitet von einem Veranstaltungs- und Workshopprogramm rund um Kunst, Moore, Erinnerungskultur und Klimaschutz, das von und für Menschen aus der Region organisiert wurde.

Das Venedig-Abkommen wurde 2022 in Venedig, anlässlich der Biennale, ins Leben gerufen und zielt darauf ab, Moore weltweit auf lokaler Ebene zu schützen. Es stellt ein Engagement lokaler Initiativen und Organisationen dar, ihre regionalen Moore zu schützen und konkrete Programme zur ökologischen und kulturellen Anerkennung von Mooren zu etablieren. Dazu gehören die Bewahrung gesunder Moore ebenso wie die ökologische Wiederherstellung degradierter Moore, nachhaltige Lebens- und Nutzungsformen in Moorökologien und die Vermittlung ihrer kulturellen und ökologischen Werte, insbesondere ihre Bedeutung in der globalen Klimakrise. Als Bottom-up-Ansatz reagiert das Venice Agreement auf die Notwendigkeit, die Beiträge lokaler Initiativen und indigener Moorkulturen als unverzichtbar für den internationalen Moorschutz anzuerkennen. Die Unterzeichner*innen bilden eine lebendige und transdisziplinäre internationale Gemeinschaft. 

Das Treffen in Torres Vedras spiegelte diese Vielfalt wider und brachte Künstler*innen, Moorschützer*innen,  Vertreter*innen indigener Gemeinschaften, Wissenschaftler*innen, Arbeiter*innen, öffentliche Beamt*innen, Landmanageri*nnen, Klimawandelspezialistinnen und Führungskräfte von Umwelt-NGOs aus Ländern wie Kenia, Norwegen, Chile, Argentinien, Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden, Estland, Portugal, Rumänien und den USA zusammen.

Ein transformierendes Engagement. Das transdisziplinäre Netzwerk setzt sich dafür ein verschiedenes lokales Wissen, Wissenschaft, Kunst und Praxis zum Schutz der Moore auf lokaler Ebene zu vereinen, um globale Strategien und Handlungsweisen zu entwickeln. Es berücksichtigt dabei künstlerische Erzählungen und kulturelle Praktiken, die historisch in und um Moore entstanden sind und weiter entstehen. Die Treffen 2024 in Torres Vedras und in den lokalen Workshops in verschiedenen Mooren der Welt erweiterten die Prinzipien des Venedig-Abkommens für nachhaltiges Leben und transnationale ökodemokratische Politiken. Die Plattform für kollektives Denken aus konkreten Umwelten heraus stärkt Verbindungen zwischen lokalen Expertisen, künstlerischen Erzählungen, dem in Moorböden und -pflanzen bewahrten Erinnerungen und gemeinschaftlichen Zukunftspraxen.

Moore spielen eine entscheidende Rolle im globalen Klimasystem, da sie Kohlendioxid (CO2) und Distickstoffmonoxid (N2O) über Tausende von Jahren speichern. Werden sie, wie die meisten europäischen Moore, jedoch geschädigt oder gar zerstört, zum Beispiel durch Entwässerung oder Verschmutzung, tragen sie überproportional zu den Treibhausgasemissionen bei, insbesondere in Form von CO2. Daher ist es unerlässlich, die weltweite Verteilung und den aktuellen ökologischen Zustand dieser Gebiete besser zu verstehen, um deren Schutz und Wiederherstellung effektiv zu gestalten.

Die nachhaltige Bewirtschaftung und der Schutz von Mooren erfordern kontinuierliche Beforschung, Pflege und gerechte Verwaltung. Das Venedig-Abkommen zielt darauf ab, globale Aufmerksamkeit auf die Bedeutung von Mooren zu lenken und weltweit Chancen für Zusammenarbeit, Bewusstseinsbildung, Finanzierung, Politikgestaltung und Engagement zu identifizieren.

Partnerschaften und Unterstützung

Diese internationale Zusammenkunft und die zweite Versammlung des Venedig-Abkommens wurden von der Wildlife Conservation Society (WCS) Chile, dem nomadischen Forschungskollektiv Ensayos und der Michael Succow Stiftung, Partner im Greifswald Moor Centrum, in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Torres Vedras, der Double-u Replay Association und dem Zentrum für Geographische Studien des Instituts für Geographie und Raumplanung der Universität Lissabon organisiert.

Weiterführende Links:
https://theveniceagreement.net/
https://www.sensingpeat.net/