Auftakt der ‚Allianz der Pioniere‘: Bundesregierung und Unternehmen setzen auf Paludikultur

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir übergibt Förderbescheid in Höhe von knapp 1,8 Millionen Euro an die Initiative toMOORow für das Verbundvorhaben PaludiAllianz und ebnet gemeinsam mit 14 Unternehmen den Weg für die Wiedervernässung und gleichzeitige (land-) wirtschaftliche Nutzung von Mooren.

Im Rahmen einer feierlichen Auftaktveranstaltung unter Teilnahme von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, Bundesumweltministerin Steffi Lemke sowie der beiden toMOORow-Initiatoren Prof. Dr. Michael Otto und Prof. em. Dr. Michael Succow stellen Vertreter*innen der Umweltstiftung Michael Otto, der Michael Succow Stiftung und des Greifswald Moor Centrum am 30. April 2024 in Berlin offiziell die ‚Allianz der Pioniere‘ der Öffentlichkeit vor. Unter dem Dach der Initiative toMOORow werden namhafte Unternehmen in den kommenden Jahren im Schulterschluss mit der Landwirtschaft und der Wissenschaft Pilotprojekte initiieren, Marktkräfte aktivieren und skalierbare Wertschöpfungsketten auf Basis von Paludi-Biomasse aufbauen. Die Land- und Forstwirtschaft auf wiedervernässten Mooren – die sogenannte Paludikultur – bietet nachweislich erhebliche Potenziale für den Klima- und Artenschutz. Gleichzeitig ermöglicht Paludikultur alternative Einkommensquellen für Landwirt*innen und die Bereitstellung regionaler, fossilfreier Rohstoffressourcen für Unternehmen u.a. aus der Papier-, Verpackungs-, Bau-, Dämmstoff- und Holzwerkstoffindustrie. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unterstützt das Verbundvorhaben PaludiAllianz über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) mit einem Fördervolumen in Höhe von 1.798.677 Euro über die kommenden drei Jahre. Das Geld wird aus dem Sondervermögen ‚Klima- und Transformationsfonds (KTF)‘ zur Verfügung gestellt.
 

Sind Moore durch Menschen zum Beispiel für die landwirtschaftliche Nutzung entwässert, setzen sie große Mengen Kohlenstoffdioxid frei – allein in Deutschland jährlich rund 53 Millionen Tonnen CO2 Äquivalente. Stoppt man die Entwässerung, ist die bisherige Bewirtschaftung nicht mehr möglich und Landwirt*innen verlieren eine ihrer Einkommensquellen.

„Wiedervernässte Moore sind unsere natürlichen Verbündeten beim aktiven Klimaschutz – aber das geht nur, wenn wir Lösungen mit den Betroffenen finden. Für die Landwirtschaft muss es sich lohnen, mitzumachen und klimafreundlich zu wirtschaften. Viele Bauernfamilien leben seit Generationen auf Moorstandorten, ihre Vorfahren haben das Land mühsam urbar gemacht – das sollten wir nicht vergessen. Nasse Nutzung in Paludikultur ist dann interessant, wenn die Biomasse und die Produkte am Markt abgesetzt werden können. Wertschöpfungsketten müssen dafür angepasst oder ganz neu aufgebaut werden – hier kann die verarbeitende Wirtschaft mit ihrem Know-how einen entscheidenden Beitrag leisten. Die vom BMEL über die Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe geförderte toMOORow PaludiAllianz unterstützt diese Initiative der Unternehmen und verbindet sie mit der Landwirtschaft. So kann Paludikultur gelingen“, erklärt Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, der im Rahmen der Veranstaltung auch den BMEL-Förderbescheid an Vertreter*innen der Umweltstiftung Michael Otto, der Michael Succow Stiftung und der Universität Greifswald übergab.

Unterstützung bekommt er von Steffi Lemke, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV): „Moorwiedervernässung schnell in die Fläche zu bringen, ist ganz wesentlich für den Klimaschutz. Wir schützen damit gleichzeitig das Klima und schaffen außerdem einzigartige Lebensräume für Pflanzen und Tiere. Neben Moor-Wildnis braucht es daher in der Kulturlandschaft auch viele nass genutzte Moore. Landwirtinnen und Landwirte sind deshalb darauf angewiesen, mit neuen Bewirtschaftungsformen, wie Paludikultur, eine verlässliche und nachhaltige Einkommensquelle zu schaffen. So können mit der Ernte aus nasser Moorbewirtschaftung marktfähige Produkte produziert werden. Diesen Prozess wollen wir als Bundesregierung gezielt anstoßen und fördern. Das Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz ist für die Moorwiedervernässung ein ganz wesentlicher Baustein.“

Erster öffentlicher Auftritt der Allianz der Pioniere
Die Allianz der Pioniere ist ein Verbund bedeutender Wirtschaftsunternehmen, die im Sinne des Klima- und Biodiversitätsschutzes ihre Innovationskraft und Marktbedeutung nutzen wollen, um den Einsatz nachwachsender, regionaler Rohstoffe aus Paludikultur zu erproben und sich zukünftig aktiv in die Inwertsetzung der Paludi-Biomasse einzubringen.

Die Gründungsmitglieder der Allianz sind neben den toMOORow Partnern Umweltstiftung Michael Otto und Michael Succow Stiftung, Partner im Greifswald Moor Centrum, die folgenden Unternehmen:

  • Bau-Fritz GmbH & Co. KG
  • LEIPA Group GmbH
  • Otto (GmbH & Co. KG)
  • OTTO WULFF Bauunternehmung GmbH
  • PreZero Stiftung & Co. KG mit OutNature GmbH
  • Procter & Gamble Service GmbH
  • Sto SE & Co. KGaA
  • STRABAG SE
  • Tengelmann Twenty-One KG mit KiK Textilien und Non-Food GmbH und OBI Group Holding SE & Co. KGaA
  • toom Baumarkt GmbH
  • WEPA Stiftung


„Wir haben die Allianz der Pioniere ins Leben gerufen, um mit Hilfe innovativer Partner skalierbare Wertschöpfungsketten auf Basis von Paludi-Biomasse aufzubauen. Dafür werden die beteiligten Unternehmen aus den unterschiedlichen Wirtschaftssektoren im Rahmen von Expert Circles Pilotprojekte mit Biomasse aus Paludikultur durchführen, um so eine schnell wachsende Nachfrage nach Paludi-Biomasse aufzubauen. Eine von uns in Auftrag gegebene und Ende 2023 veröffentlichte Machbarkeitsstudie zeigt, dass sich Paludi-Biomasse sehr gut als Rohstoff zum Beispiel in der Papier-, Verpackungs-, Bau-, Dämmstoff- und Holzwerkstoffindustrie verwenden lässt und damit großes Potenzial für Bioökonomie und Kreislaufwirtschaft bietet“, erklärt Claudia Bühler, Vorständin der Umweltstiftung Michael Otto.

Paludikultur zahlt auf Klimaziele und Wertschöpfung ein
Der Begriff Paludikultur ist bereits 25 Jahre alt und leitet sich aus den lateinischen Wörtern „palus“ für Sumpf und „cultura“ für Anbau ab. Das Konzept wurde an der Universität Greifswald explizit mit dem Ziel entwickelt, Schutz und Nutzung von Mooren in Einklang zu bringen. „Die Wiedervernässung von Mooren stellt einen wesentlichen Hebel zur Reduzierung von Treibhausgasen dar, denn Moore bedecken zwar nur drei Prozent der globalen Landfläche, speichern aber doppelt so viel Kohlenstoff wie die Biomasse aller Wälder der Erde zusammen. Das gilt allerdings nur so lange, wie die Moore nass sind. In Deutschland trifft das derzeit lediglich auf rund fünf Prozent der Moorflächen zu“, sagt Dr. Franziska Tanneberger, Leiterin des Greifswald Moor Centrum.

Das Potenzial für den Klima- und Artenschutz – aber auch für Wirtschaft und Landwirtschaft – ist enorm: „Bundesweit könnten rund eine Million Hektar landwirtschaftlich genutzte, trockengelegte Moore wiedervernässt und trotzdem weiter bewirtschaftet werden“, sagt Jan Peters, Geschäftsführer der Michael Succow Stiftung. „Mit dem Anbau von zum Beispiel Schilf, Rohrkolben, Torfmoosen oder Seggen können Landwirtinnen und Landwirte nachwachsende Rohstoffe liefern, die fossile Ressourcen ersetzen und die Klimabilanz von Unternehmen verbessern. Gleichzeitig wird regionale Wertschöpfung initiiert und es entstehen verlässliche Lieferketten, die zusätzlich Einsparungen beim Transport ermöglichen.“

Weitere Informationen wie Factsheets, Bildmaterial etc. finden Sie unter tomoorow.org/presse. Hier geht es zu unserer Pressemitteilung.